Danny Weber
21:48 27-12-2025
© A. Krivonosov
Analyse 2025: KI saugt HBM- und DRAM-Kapazitäten auf, RAM-Preise steigen. Auswirkungen auf PC-Markt und Gaming, Kaufberatung zum Aufrüsten und Blick bis 2028.
In der zweiten Jahreshälfte 2025 wirkte der PC‑Markt zunächst erstaunlich stabil: Neue Prozessoren und Grafikkarten kamen im gewohnten Takt, die Leistung zog an, und das Interesse an Gaming-Rechnern blieb solide. Doch je näher das vierte Quartal rückte, desto deutlicher kippte die Lage. Der Auslöser war diesmal nicht Krypto oder eine Pandemie, sondern der schnelle Vormarsch der Künstlichen Intelligenz. Die Branche steckt in einem DRAM‑„Superzyklus“, der bereits zu einem breiten Mangel an Arbeitsspeicher führt – mit steigenden Preisen, die vor allem Spieler spüren.
Moderne KI‑Modelle verlangen enorme Rechenleistung. Um Daten zu verarbeiten und vorzuhalten, setzen sie auf Beschleuniger mit Hochgeschwindigkeits‑HBM. Diese HBM‑Bausteine sind zum größten Verbraucher der DRAM‑Fertigungskapazitäten geworden. Für ein einzelnes Bit HBM werden grob dreimal so viele Silizium‑Wafer benötigt wie für ein Bit herkömmlichen DDR5, und die komplexe Verpackung drückt die nutzbaren Ausbeuten.
Für Speicherhersteller wie Samsung und SK hynix ist HBM deutlich profitabler als RAM für Endkunden. Verträge mit KI‑Unternehmen werden teurer, die Nachfrage übersteigt verlässlich das Angebot. Entsprechend wandern mehr Produktionslinien in Richtung HBM, HBM3E und der nächsten Generation HBM4 – der Consumer‑DDR‑Markt bleibt unterversorgt.
Neben HBM kaufen Rechenzentren DDR5‑RDIMM‑Server‑Speicher und spezialisierte Module, um Bandbreitenengpässe zu lindern. Der Ausbau von KI‑Clustern ist so groß, dass nach Einschätzung von Analysten schon 2026 bis zu 20 Prozent der weltweiten DRAM‑Produktion auf KI entfallen könnten. Das schmälert direkt, was für PCs, Laptops und Gaming‑Systeme übrig bleibt.
Die knappe Versorgung zwingt Computerhersteller zu neuen Kalkulationen. Große Marken können sich nicht länger auf Lagerbestände stützen. Berichten zufolge bereitet Dell deutliche Aufschläge vor, besonders bei Konfigurationen mit größeren Speicherausstattungen. Preissteigerungen im dreistelligen Dollarbereich für Systeme mit 32 GB – und noch mehr bei 128 GB – werden zur neuen Normalität. ASUS, Acer und andere bewegen sich in die gleiche Richtung, und selbst kleinere Marken wie Framework rechnen bereits mit höheren Upgrade‑Kosten.
Systemintegratoren halten 2026 für potenziell noch schwieriger. Anbieter versuchen, das Tempo der Preissteigerungen zu bremsen, doch der Spielraum schrumpft schnell.
Für Alltagnutzer und Gamer bringt ein DRAM‑Engpass mehrere unerfreuliche Folgen. Erstens werden neue Desktops und Laptops teurer. Zweitens könnten Hersteller Basis‑Spezifikationen zurückfahren und wieder auf 8 GB RAM setzen, wo 16 GB zuletzt Standard waren. Drittens sind Verzögerungen bei Produkteinführungen sowie ein ausgedünntes Premium‑Portfolio möglich.
Analysten erwarten, dass höhere Speicherpreise die PC‑Auslieferungen im kommenden Jahr um knapp 5 Prozent drücken und den Markt zusätzlich belasten.
In einer Mangellage gilt vor allem: keine Panik. Wer bereits 8 oder 16 GB im System hat und stabil unterwegs ist, findet einen eiligen Ausbau zu heutigen Preisen schwer zu rechtfertigen. In den meisten Spielszenarien ist es vernünftiger, ein paar Monate abzuwarten, statt überteuerte Module zu kaufen.
Paradoxerweise kann ein fertig konfigurierter PC derzeit mehr Gegenwert bieten als ein Eigenbau. Große OEMs verkaufen Systeme noch zu Preisen, die die Speicherknappheit nicht vollständig widerspiegeln. Eine weitere Option ist der Gebrauchtmarkt für DDR4 und DDR5: Arbeitsspeicher ist – anders als Grafikkarten – weniger verschleißanfällig, auch wenn große Schnäppchen kaum zu erwarten sind.
Aktuelle Schätzungen deuten darauf hin, dass der Mangel bis 2027–2028 anhalten könnte. Hersteller planen zwar Kapazitätserweiterungen, doch neue Fabriken entstehen nicht über Nacht. Der Markt hat schon andere Stürme überstanden – Krypto‑Booms und globale Lieferschocks – und sich am Ende angepasst. Wahrscheinlich ebbt auch die KI‑Welle mit der Zeit ab; vorerst aber stehen Spieler vor einer neuen Realität, in der Arbeitsspeicher zugleich strategisch wichtig und kostspielig ist.