Sennheiser HDB 630: Studioqualität über Bluetooth im Test

Seit Jahren steht Sennheiser für präzisen, lupenreinen Klang. Nun wagt sich der deutsche Hersteller in ein Terrain, das er bislang nicht vollständig besetzt hat: audiophiler Sound ohne Kabel. Der neue Sennheiser HDB 630, mit $500 bepreist, will Studioqualität über Bluetooth liefern. Das gelingt – wenn auch mit Einschränkungen.

Design und Ergonomie

Laut Sennheiser stammt das Gehäuse des HDB 630 vom Momentum 4, und das sieht man. Form und Passform sind wirklich bequem, optisch wirkt das Modell in dieser Preisklasse jedoch eher gehoben als kompromissloses Flaggschiff. Der Aufbau besteht weitgehend aus Kunststoff, dezente Silberakzente helfen etwas – hier steht die Praxis klar vor der Pose.

In der rechten Ohrmuschel sitzt ein Touchpanel für Wisch-, Tipp- und sogar ein Zusammenziehen mit zwei Fingern. Letzteres aktiviert die adaptive Geräuschunterdrückung und erlaubt es, das ANC spontan feinzujustieren. Die Idee ist attraktiv, nur prägt sich die Gestenlogik nicht immer intuitiv ein.

Ansonsten: typisch Sennheiser. Weiche Ohrpolster, ein gut gewählter Anpressdruck und starke passive Abschirmung. Obwohl etwas schwerer als der Momentum 4, bleiben die Hörer auch über lange Sessions bequem – ein deutliches Zeichen für den Fokus auf Ergonomie.

Klang: näher am Ideal denn je

Im Zentrum stehen neue 42-mm-Treiber und ein gründlich überarbeitetes Akustiksystem. Ziel ist eine neutrale, ausgewogene Abstimmung mit lebendigen Mitten und breiter Bühne – angelehnt an den Charakter offener, kabelgebundener Modelle.

Direkt aus der Schachtel klingt das sehr gut, doch das eigentliche Potenzial entfaltet sich mit dem beiliegenden BTD 700 USB‑C-Dongle. Er ermöglicht 24 Bit/96 kHz via aptX Adaptive und aptX Lossless. Angeschlossen öffnet sich die Bühne, die Abbildung gewinnt an Schärfe, Instrumente haben spürbar mehr Tiefe.

Über den Standard-Codec SBC hinkt die Darstellung hinterher: sauber, aber ohne den Funken. Richtig eingerichtet rückt der HDB 630 erstaunlich nah an offene Studiomonitore heran.

Ein musikalisches Beispiel untermauert das. Der TRON: Ares-Score von Nine Inch Nails liefert tiefen Bass, kräftigen Punch und satte Texturen – die Musik atmet. Wechseln die Stücke zu dichterem Rock wie Thrice’s Horizons/West, wird die Bühne etwas schmaler, die Energie sinkt und der Klang wirkt flacher. Die Quintessenz: Seine Stärken spielt der HDB 630 bei elektronischer, instrumentaler und atmosphärischer Musik aus; bei schwereren Genres, die einen dicken, treibenden Tiefbass verlangen, weniger.

Einstellungen und Funktionen

Die Sennheiser Smart Control Plus App bietet flexible Abstimmung. Ein echter parametrischer Equalizer formt die Frequenzkurve statt nur ein paar Regler zu verschieben – praktisch, um dem Tiefton für Rock mehr Gewicht zu geben oder den Hochton für Jazz zu glätten.

Die Crossfeed-Funktion mischt linke und rechte Kanäle, um Lautsprecher zu imitieren. Der Effekt bleibt dezent, ist aber angenehm – das Ergebnis wirkt natürlicher.

Weitere Pluspunkte: adaptive Geräuschunterdrückung, Transparenzmodus, Multipoint-Verbindung und Auracast, um Audio an mehrere Geräte zu senden. Der Haken: Alle Einstellungen laufen über das Smartphone. Ohne Desktop-App ist Feintuning am PC umständlicher als nötig.

Aktive Geräuschunterdrückung und Telefonie

Die ANC ist kein Umbruch, aber solide. Sie zügelt Stimmen, Bürobrummen und Fahrgeräusche und liegt damit nahe am Momentum 4. Nicht ganz Bose oder Sony – im Alltag wirkt der Abstand jedoch klein.

Die Sprachqualität bei Anrufen ist klar, Umgebungsgeräusche werden hörbar abgeschwächt. Obwohl Sennheiser eine bessere Gesprächsqualität über den BTD 700 in Aussicht stellt, sprechen die praktischen Ergebnisse eher für die Mikrofone des Headsets selbst.

Akkulaufzeit

Die beworbenen 60 Stunden mit ANC halten stand. Im normalen Betrieb mit Geräuschunterdrückung kommt man nah an diesen Wert heran. Mit Dongle und hohen Bitraten fällt die Laufzeit auf etwa 45 Stunden – weiterhin beeindruckend.

Einen vollständig passiven Kabelbetrieb ohne Strom gibt es nicht, aber ein 10‑minütiges Nachladen liefert ungefähr sieben Stunden Wiedergabe – ideal für Reisetage.

Alternativen

Das Premiumfeld ist dicht besetzt: Sony WH‑1000XM6, Bose QuietComfort Ultra, Apple AirPods Max und Bowers & Wilkins PX7 S3. Sony trifft die Balance der Features, Bose setzt den Komfort-Maßstab, Apple punktet mit Design und Ökosystem. Bewertet man allein die Klangqualität, ziehen die Sennheiser HDB 630 vorbei.

Fazit

Die Sennheiser HDB 630 sind nicht einfach ein weiteres kabelloses Paar – sie suchen den gemeinsamen Nenner aus audiophiler Strenge und Alltagstauglichkeit. Vor allem mit dem Dongle klingen sie großartig und liefern Detail und Tiefe, die früher Amp und Kabel erforderten.

Das Design reißt niemanden vom Hocker, und $500 verlangen eine bewusste Entscheidung. Wer maximale Klangqualität im kabellosen Paket sucht, dürfte hier den Ausnahmekandidaten 2025 finden. Den Dongle sollte man allerdings nicht vergessen: Ohne ihn geben die HDB 630 ein spürbares Stück ihrer Magie preis.